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Debattenkultur: Darum wurde ich gecancelt

Eingeladen, um zu lesen und zu diskutieren. Eine Woche vor der Veranstaltung wieder ausgeladen, gecancelt, wie es neudeutsch heißt. Wenn es um Cancel Culture geht, wird oft behauptet, das sei rechte Panikmache. In diesem Blogartikel hinterfrage ich diese These am Beispiel meiner eigenen Cancel-Erfahrung. Zum ersten Mal wurde mir mitgeteilt, welche Aussagen mir zum Vorwurf gemacht werden. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich. Denn so haben wir eine Grundlage, über die wir diskutieren können. Der offene Diskurs ist Kern einer demokratischen Gesellschaft.

Zunächst einmal bedanke ich mich beim Team von DenkTräume, dass ich eine ausführliche Erklärung bekommen habe, warum sie die Veranstaltung mit mir abgesagt haben und wie sie zu der Meinung kommen, ich solle bei ihnen keine Bühne bekommen.

Screenshot von Veranstaltungsseite von DenkTräume. Text: "Abgesagt: Sigi Lieb: Alle(s) Gender Dienstag, 18. November 2025, 19.30 Uhr Liebe DENKtRÄUME-Freund*innen, wir möchten euch darüber informieren, dass wir die geplante Veranstaltung mit Sigi Lieb am 18.11.2025 absagen. Uns waren ihre Aussagen über trans* Personen zum Zeitpunkt der Veranstaltungsveröffentlichung nicht bewusst und jetzt, nach tiefergehenden Recherchen, wurde deutlich, dass Liebs Meinungen und Rhetorik nicht mit den Werten vereinbar sind, die wir bei DENKtRÄUME vertreten. Wir haben nicht genügend Fragen zu ihrer Person und ihrem Buch gestellt. Das hängt vor allem mit ungenügenden Kapazitäten durch fast ausschließlich ehrenamtliche Arbeit und einer sehr kurzfristigen Planung zusammen. Dafür übernehmen wir die Verantwortung und entschuldigen uns. Wir stellen uns aktiv gegen Transfeindlichkeit und bieten dafür keine Bühne. DENKtRÄUME ist und bleibt ein Ort für alle FLINTA*s und wir möchten besonders betonen, dass trans* Personen hier immer willkommen sind. Wir nutzen diesen Vorfall als Anstoß, um interne Prozesse anzupassen und zu verändern, damit sich solche Situationen nicht wiederholen. Wir bedanken uns ausdrücklich bei denjenigen, die kritische Fragen gestellt und mit uns ins Gespräch gegangen sind – Vielen Dank für eurer Engagement und den Mut, uns darauf anzusprechen. Wir sind froh, dass wir Menschen wie euch zu unserer Community zählen dürfen! Euer DENKtRÄUME Team"
Screenshot von der Veranstaltungsseite denktraueme.de vom 16. November 2025

Immerhin liegen jetzt konkrete Vorwürfe auf dem Tisch. Das ist gut. Denn die können transparent hinterfragt werden. Das mache ich in diesem Blogbeitrag. Die Kritik in dem 9-Seiten-PDFs bezieht sich sowohl auf mein Buch „Alle(s) Gender“ wie auch auf Postings von mir auf X. Ich gehe zunächst auf die Vorwürfe ein, die mir DenkTräume zu meinem Buch macht. Anschließend geht es um die Kritik an den Postings.

Debattenkultur 1: Wie seriös ist das Buch „Alle(s) Gender“ von Sigi Lieb?

Das Team von DenkTräume erhebt folgende Vorwürfe in Bezug auf mein Buch:

  • Es sei nicht nachvollziehbar, welche Aussagen ich belegen könne und was meine eigenen Überlegungen sind.
  • Ich würde Transpersonen sprachlich abwerten.
  • Ich hätte einseitig mit Personen gesprochen, die meinen Standpunkt bestätigen.
  • Das alles sei zutiefst unwissenschaftlich und biete keine differenzierte Basis für einen Diskurs.

Was ist dran an dieser Kritik? Machen wir einen Faktencheck – und zwar so, dass du das selbst prüfen kannst.

Recherche kostet Zeit

Ich investiere viel Arbeitszeit in meine Blogbeiträge, beachte journalistische Kriterien und stelle viel weiterführende Information zur Verfügung. Das alles stelle ich kostenlos für alle zur Verfügung – ohne bezahlte Werbung auf meiner Seite. Aber natürlich muss auch ich im Supermarkt mit Euros bezahlen. Daher freue ich mich, wenn du meine ehrenamtliche redaktionelle Arbeit unterstützt.

Faktencheck: Wie transparent sind die Quellen in Alle(s) Gender?

Da ich ein populäres Sachbuch geschrieben habe und keine wissenschaftliche Forschungsarbeit, habe ich den Fokus auf die leichte Lesbarkeit gelegt. Deshalb erwähne ich die Forschungsarbeiten, Aussagen oder Texte, auf die ich mich beziehe, direkt im Text. Am Ende des Buches ist ein ausführliches Quellenverzeichnis für alle, die tiefer gehen und in meinen Quellen nachlesen wollen.

Hier einige Beispiele aus dem Kapitel „Geschlechtliche Vielfalt aus biologisch-medizinischer Perspektive“ mit den Seitenangaben, wo das im Buch zu finden ist:

Georg Romer, Professor und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Münster, ist der Überzeugung, dass Geschlechtsidentität zu einem wesentlichen Anteil angeboren ist. Er verweist auf die Metastudie aus Belgien aus dem Jahr 2011 von einem Team um Gunter Heylens, die Zwillingsstudien weltweit untersuchte.

Alle(s) Gender, Seite 41f

2010 untersuchte die Biologin Victoria Wobber vom Institut für Humane Evolutionsbiologie der Universität Harvard den Testosteron- und Cortisolspiegel bei Bonobos und Schimpansen, die um Futter konkurrieren. Tobias Deschner vom Max Planck-Institut in Leipzig war 2012 an einer Studie beteiligt, die sich mit dem Testosteronspiegel dieser beiden nah mit dem Menschen verwandten Affenarten beschäftigte. Beide Teams brachten interessante Erkenntnisse zutage. Verhalten und Hormonproduktion der Tiere haben einen deutlichen Zusammenhang mit den sozialen Strukturen, in denen sie leben. Während Schimpansen patriarchal organisiert sind und die Männchen mit Dominanzverhalten ihren Status verbessern können, entscheiden bei den Bonobos die Weibchen. Bonobo-Männchen investieren mehr Zeit in Fellpflege und freundschaftliches Miteinander.“

Alle(s) Gender, Seite 47

Lena Hauck, Hertha Richter-Appelt und Katinka Schweizer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf untersuchten die Zahlen und verglichen deutsch- und englischsprachige Studien aus den Jahren 2000 bis 2017. Dabei stellten sie fest: Je nach Definition variiert der Anteil von intergeschlechtlichen Neugeborenen zwischen 0,018, 2,1 und 3,8 Prozent.

Alle(s) Gender, Seite 50

So titelte das Deutsche Ärzteblatt im Mai 2019: „Zahl der Menschen mit drittem Geschlecht geringer als angenommen.“ Ich weiß nicht, mit welcher Motivation die Person diese Überschrift formulierte. Entweder war sie ausgesprochen naiv und hat wenig recherchiert oder es ging darum, eine Zahl politisch zu instrumentalisieren. Denn einfach die Menschen zu zählen, die den Personen stand sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes änderten, ist ungefähr so, wie wenn wir 1970, kurz nachdem Homosexualität teilweise entkriminalisiert wurde, die damals geouteten Schwulen und Lesben gezählt hätten.“

Alle(s) Gender, Seite 51

Das halte ich im ganzen Buch so, hier noch ein Beispiel aus dem Kapitel „Doing Gender“.

Identität ist, einfach gesprochen, die Vorstellung, die eine Person von sich selbst im Kontext ihrer Umwelt entwickelt. Das Online-Lexikon für Psychologie und Pädagogik, Werner Stangl, schreibt: „Jeder Mensch ist, wie er ist, und hat dabei meist eine Vorstellung davon entwickelt, wie und wer er ist, d. h., er besitzt eine Identität. Diese Identität findet und entwickelt er im Laufe seines Lebens, wobei ihm die Sprache hilft, denn Menschen erzählen gerne über sich selbst, über das, was sie erlebt und unternommen haben und wie sie in dieser und in jener Situation reagiert haben.“

Alle(s) Gender, Seite 178

Was also bleibt von dem Vorwurf, es sei nicht nachvollziehbar, welche Aussagen belegt seien und was meinen Überlegungen entstammt? Nichts. Die Quellen sind sauber und nachvollziehbar genannt – mit ausführlicher Litueraturliste am Ende des Buches.

Faktencheck: Wie gehe ich sprachlich mit Transpersonen um?

Der zweite Vorwurf bezieht sich auf meinen sprachlichen Umgang mit Transpersonen. Er wirke abwertend und sei für DenkTräume daher problematisch.

Ich habe in dem Buch alle Trans- und Interpersonen, die mir ihre Geschichte erzählt haben, selbst entscheiden lassen, ob sie mit ihren Echtnamen auftreten wollen oder lieber anonymisiert. Ich spreche über Transfrauen mit weiblichen und über Transmänner mit männlichen Pronomen. Ich nutze in dem Buch für neutrale Kontexte sogar hin und wieder Neopronomen. Am Anfang des Buches erkläre ich, warum.

Gendersensible Sprache ist mein Fachgebiet und der Stern ist das Sonderzeichen, das ich, sparsam eingesetzt, bevorzuge. (…) Wenn das Nomen bereits durch den Stern als geschlechterübergreifend markiert ist, bleiben die Adjektive oder Artikel im Femininum. Eine Sternenflut würde nur den Lesefluss stören, ohne zusätzliche Informationen zu liefern. (…) Ich verwende für dieses Buch (…), wenn ich genderneutrale Pronomen benötige: sier als Personalpronomen, sihr als Possessivpronomen und dier als Relativpronomen. Es ist einer der Vorschläge aus der Queer-Community. Ich habe mich für diese Form entschieden, weil sie deklinierbar ist und sich auch sonst flüssig in deutsche Texte integrieren lässt. Anstatt ewig über das Ob zu diskutieren, möchte ich das Wie probieren. Wo, wenn nicht in einem solchen Buch, soll ich kreative Lösungen für schöne und gendersensible Sprache ausprobieren?

Alle(s) Gender, Seite 13f

Nicht-binäre Personen habe ich gefragt, ob ich sier/sihr/dier für sie benutzen darf. Es ist aber auch eine Person dabei, bei der ich wunschgemäß dey/denen verwende.

Wie schreibe ich also über Transpersonen? Hier ein Beispieltext:

Als sie ihren Personenstand änderte, gab es nur ‚männlich‘ und ‚weiblich‘, also änderte sie ihn zu ‚weiblich‘. Ana sagt bei unserem Gespräch im Herbst 2021: „Heute würde ich divers wählen.“ Ana erzählt offen, dass ein Rollenwechsel und der Wechsel des Personenstands für sie nicht ausreichend waren. Ihr war es wichtig, einen weiblichen Körper zu haben. Ana ist sich aber ebenso ihrer männlichen Sozialisation bewusst, denn sie hat 40 Jahre lang als Mann gelebt und Karriere gemacht.
Ana begegnet mir als offene, herzliche und reflektierte Person. Sie erzählt auch von den Grenzen ihrer Angleichung an ihr gefühltes Geschlecht. Denn einerseits wünschen sich transidente Menschen natürlich, in dem Geschlecht wahrgenommen zu werden, dem sie sich zugehörig fühlen. Misgendering fühlt sich schlecht an. Andererseits setzen Körper diesen Wünschen Grenzen.

Alle(s) Gender, Seite 70

Wie DenkTräume zu dem Vorwurf kommt, diese Sprache sei abwertend gegenüber Transpersonen, ist mir ein Rätsel.

Faktencheck: Wie vielseitig sind die Perspektiven in Alle(s) Gender?

Kommen wir zum dritten Vorwurf: Ich hätte für mein Buch einseitig mit Leuten gesprochen, die meine Sichtweise bestätigten.

Bei den Betroffenen, die mir ihre Geschichte erzählten, habe ich darauf geachtet, dass neben prominenten Trans-Aktivist*innen vor allen Dingen Menschen zu Wort kommen, die nicht prominent sind, sondern ein ganz gewöhnliches Leben führen. Das sind:

  • 7 Interpersonen (verteilt im Kapitel „Geschlechtliche Vielfalt aus biologisch-medizinischer Perspektive, Seite 29 bis 56)
  • 6 Transpersonen und 1 Detrans-Person (verteilt im Kapitel „Diagnosen, Transition und Detransition“, Seite 57 bis 92)

Sie leben in Großstädten, Kleinstädten und im Dorf in verschiedenen Regionen Deutschlands, sind unterschiedlichen Alters und vertreten jeweils ihre Sichtweise.

Darüber hinaus sprechen ein Transmann mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund und eine Transfrau mit medizinischem Hintergrund als Expertinnen in eigener Sache. Zitiert werden mehrere weitere Trans- und Detranspersonen aus medialer Berichterstattung oder Forschung.

Als Kinder- und Jugendpsychiater kommt Prof. Dr. Georg Romer ausführlich zu Wort. Aus der Endokrinologie sprach ich mit Prof. Dr. Annette Richter-Unruh und Dr. Achim Wüsthof. Alle drei zählen zu den Vertreter*innen der trans-affirmativen Seite. Romers Gegenspieler, Dr. Alexander Korte, bespreche ich aus Sekundärquellen. Auf meine E-Mail-Anfragen mit der Bitte um ein Gespräch hatte er nicht reagiert.

Für Romer ist der Einsatz von Pubertätsblockern eine Hilfe, die den Jugendlichen Zeit schenkt, um sich zum Beispiel noch länger in ihrer gewünschten Geschlechterrolle zu erproben und sich über die langfristigen Konsequenzen einer geschlechtsangleichenden Hormonbehandlung hinreichend lang und gründlich Gedanken zu machen. Sein Münchner Kollege, Alexander Korte, ist kategorisch dagegen. In einer Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen für ein Selbstbestimmungsgesetz 2021 spricht er Minderjährigen die Reife und Einwilligungsfähigkeit ab.

Alle(s) Gender, Seite 68

Folgende Perspektiven habe ich bewusst außen vor gelassen und nicht diskutiert: die aus dem evangelikalen, islamistischen und rechtsradikalen Spektrum. Das erkläre ich transparent in dem Buch:

Konservativ-religiöse Gruppen sehen Homosexualität, Transgender, reproduktive Selbstbestimmung als widernatürlich und gegen die göttliche Ordnung. In den jeweils konservativen Lesarten monotheistischer Religionen dominiert die Ansicht: Gott hat Mann und Frau geschaffen, damit sie Kinder kriegen. Daran soll der Mensch nichts ändern. Liberal-Religiöse haben andere Positionen: Wenn Gott homosexuelle Menschen erschaffen hat, kann daran nichts falsch sein.
Im rechtspopulistischen, völkischen bis rechtsextremen Lager dominiert die Idee einer Familie mit dem Mann als Oberhaupt und der Frau als Mutter und Gefährtin des Mannes. Auch wenn es bei AfD und Co. einzelne LGBs gibt, sind in diesem Weltbild weder Homosexualität noch Transgender als gleichwertig akzeptiert. Frauen sollen das tun, wofür sie aus patriarchaler Sicht gemacht sind: Kinder kriegen, sich um diese kümmern, kochen, putzen, gut aussehen und dem Mann zur Verfügung stehen.
Diese Positionen werde ich hier nicht diskutieren, denn sie haben ein anderes Ziel, als ich mit diesem Buch verfolge: Sie wollen zurück zu einer geschlechterstereotypen, patriarchalen Gesellschaft. Ich will gleiche Rechte und Chancen für alle.
Im Folgenden beschäftige ich mich mit den Konfliktlinien, die es innerhalb der LGBTIQA-Community gibt, beziehungsweise zwischen Transgender-Aktivismus und feministischem Kampf. Hier sind die gemeinsamen Ziele Chancengerechtigkeit, Vielfalt, Nicht-Diskriminierung und doch wird erbittert gestritten.

Alle(s) Gender, Seite 231f

Will mir der queer-feministische Verein, der DenkTräume betreibt, allen Ernstes vorwerfen, dass ich rechtsradikale und radikal-religiöse Stimmen zu wenig berücksichtigt habe? Wohl kaum. Warum also dann diese verleumnderischen Unterstellungen?

Debattenkultur 2: Welche Positionen vertritt Sigi Lieb auf Social Media?

DenkTräume schreiben in ihrer Kritik, warum sie mich ausgeladen haben:

In der Art, wie du auf Social Media agiert hast sehen wir eine Rhetorik widergespiegelt, die wir für gefährlich halten und die aus unserer Sicht rechte Debattenkultur befördert. Dem möchten und können wir so in unseren Räumen keine Plattform bieten.

DenkTräume-Team in der Erklärung an mich

Es folgen eine Reihe von X-Postings, unter denen das DenkTräume-Team erklärt, was sie daran stört und wieso das rechtfertige, den Diskurs mit mir abzulehnen und mir keine Bühne zu bieten.

Beispiel 1

X-Post von Sigi Lieb, @gespraechswert vom 18. Nov. 2023 "Ich mag Spahn nicht, aber da hat er recht: "Wenn du sagst, es gibt zwei biologische #Geschlechter, dann bist du schon rechtsradikal. (...) ich bin nicht bereit, da einfach zu schweigen und zuzugucken," #Selbstbestimmungsgesetz https://t.co/rExC6cn7pR", geteilter Artikel von Schwulissimo.de mit Foto, auf dem der CDU-Politiker Jens Spahn zu sehen ist.

Das DenkTräume-Team argumentiert, es sei wissenschaftlich umstritten, dass es zwei biologische Geschlechter gebe. Zusammen mit der Beschwerde, eine solche Position würde als rechtsradikal geframt, würde ich rechten Tendenzen in die Hände spielen.

Zur Frage der „Zahl der Geschlechter“ habe ich bereits 2022 einen ausführlichen Blogartikel geschrieben:

Kurzfassung:

In der Biologie wird Geschlecht mit sehr großer Übereinstimmung darüber definiert, ob ein Organismus darauf ausgerichet ist große oder kleine Gameten zu produzieren. Groß: Stempel/Eizelle = weiblich, klein: Pollen/Spermien = männlich. Dabei erzeugt die Natur viele anatomische Varianten.

Für den Menschen gilt:

  • biologisches Geschlecht: 2
  • anatomische Ausprägungen: 2 Standardversionen plus vielfältige Varianten (DSD)
  • rechtliche Geschlechtseinträge: abhängig vom Nationalstaat, in Deutschland 4, Österreich 6 und der Schweiz 2.
  • Genderidentiäten: viele

Was ich mich frage: Merken die Verfasser*innen der Kritik an mir nicht, dass sie sich selbst widersprechen? Sie verwehren sich gegen den Vorwurf, eine Aussage zur Zweigeschlechtlichkeit würde benutzt, um Leute als rechts zu framen und benutzen genau diese Aussage, um mir zu unterstellen, ich würde rechte Debattenkultur fördern.

Beispiel 2

Antwort von Sigi Lieb @gespraechswert an Die Grünen auf X am 26. Juni 2025: "Transfrauen haben ein Recht auf Schutz. Richtig. Transfrauen sind aber keine Frauen. Wären sie Frauen, müssten sie nicht transitionieren. Sex und Gender müssen differenziert werden. Auch zum Schutz von Transpersonen. Einfacher Test: Nach einer Transition brauchen Transfrauen nicht plötzlich Vorsorge gegen Gebärmutterkrebs sondern weiterhin Vorsorge gegen Prostatakrebs und - falls ohne GaOP auch gegen Hodenkrebs. Wer keine klaren Begriffe mehr definieren kann, schadet ALLEN."

Zu diesem und einem weiteren ähnlichen Posting wirft mir das DenkTräume-Team vor, ich würde nicht genug zwischen Sex und Gender differenzieren, um zwei Sätze später zu schreiben, dass sie es nicht mit ihren Grundwerten vereinbaren können, zwischen Transfrauen und Frauen zu differenzieren. Sie halten das „für schwierig, transfeindlich und auch menschenverachtend.“

Ich bin der Überzeugung, dass wir zwischen dem biologischen Körper und der Genderidentität differenzieren müssen, zum Schutz von Frauen, Männern und Transpersonen. Und für klare Regeln, die die Akzeptanz von LGBTIQA in der Bevölkerung stärkt anstatt Reaktanz zu fördern und allen zu schaden.

Beispiel 3:

Von Sigi Lieb @gespraechswert am 20. Juni 2024 auf X geteilter Beitrag vom RCDS. Text Lieb: "Die Personen, die den Hörsaal in Göttingen gestürmt und statt mit Mareike Wulf zu diskutieren, eine demokratische Debatte verhindert haben, zeigen deutlich anti-demokratische Gesinnung und totalitäres Denken. #WehretDenAnfängen #KeineFreiheitOhneMeinungsfreiheit" Text RCDS: "Eine heutige Veranstaltung des RCDS Niedersachen und Göttingen mit Mareike Wulf, MdB an der @uniGoettingen wurde von 200 linken Aktivisten gestört. Nach anfänglichem Protest haben Randalierer den Raum gestürmt. Frau Wulf musste von der Polizei in Sicherheit gebracht werden. 1/5" Bild: Hörsaal mit Aktivist*innen und Regenbogenflagge mit Totenkopf

Dass ich mich klar dagegen ausspreche, Debatten in einem Hörsaal mit Gewalt zu verhindern, findet das Team von DenkTräume „sehr polemisch“ und ist der Auffassung, das würde „nichts zu einer wertschätzenden Debattenkultur“ beitragen.

Für Transparenz und eine offene Debatte in aller Vielfalt

Es gibt noch weitere Vorwürfe in dem Papier. Ich will mich aber nicht im Klein-klein verlieren und denke, ich habe die wesentlichen Punkte abgearbeitet. Um maximale Transparenz herzustellen, sind alle in dem 9-Seiten-Papier kritisierten Postings in der Quellenliste verlinkt. So kannst du selbst prüfen und dir ein Bild vom jeweiligen Kontext machen.

Spätestens seit Erscheinen meines Buches im März 2023 wird von Anhänger*innen der Queer“theorie nach Judith Butler Stimmung gegen mich gemacht, inklusive Verleumdung, Übler Nachrede, Drohkulissen. Im Herbst 2023 habe ich mich in einem Blogartikel mit den positiven Feedbacks und mit der Verurteilung durch queer-de beschäftigt.

Ist stehe für eine offene, demokratische Debatte auf der Grundlage der universellen Menschenrechte und unseres Grundgesetzes. Wer das für gefährlich hält, den oder die halte ich für problematisch bis gefährlich.

Eine Erkenntnis: Offenbar hat jemand ein Dossier über mich angelegt

Die kritisierten Postings sind aus den Jahren 2022 bis 2025. Daraus lese ich, dass es offenbar Leute gibt, die andere Leute medial stalken und Dossiers anlegen, um diese im Bedarfsfall gegen sie zu verwenden. Das triggert so ein bisschen SED-Feeling. Einschüchtern lasse ich mich davon aber nicht.

Es wäre gelogen, so zu tun, als sei das alles einfach auszuhalten. Es erfordert eine Menge Kraft und noch mehr Resilienz. Und genau deshalb prangere ich Drohkulissen zwecks Einschüchterung an. Und ich hoffe, dass ich andere ermutige, sich ebenfalls nicht einschüchtern zu lassen, sondern sich für unsere Demokratie stark zu machen. Denn je mehr wir sind, umso weniger lastet auf einzelnen Personen.

Ich bin ein Mauerkind, zwar im Westen aufgewachsen, aber nur einen Kilometer entfernt vom Todestreifen und der Mauer zur DDR. In die anderen beiden Richtungen waren es 30 Kilometer bis zu einer undurchdringlichen Grenze. Dieses Aufwachsen in einer Landzunge mit Mauer statt Meer, in der ich die ersten 18 Jahre meines Lebens nur in eine Richtung fahren konnte, hat etwas mit mir gemacht.

Ich weiß nicht, welche Rolle das für meinen Wertekompass spielte und was durch andere Aspekte beeeinflusst wurde. In einem Essay „Die Freiheit, die ich meine“ im Konkursbuch Freiheit, habe ich über meinen Freiheitsbegriff nachgedacht und welche biografischen Momente dafür prägend waren.

Woher auch immer ich diese Prägung habe: Ich habe in mir und mit mir fest vereinbart, dass ich unsere Demokratie verteidigen werde. Und ich hoffe, dass dieser Beitrag dazu beiträgt, dass mehr Menschen den Mut haben, für Demokratie und gegen jede Form von Totalitarismus aufzustehen, ganz nach dem Motto: Arsch huh. Zäng ussenander. Es gibt so viele Themen, über die wir wieder lernen müssen, offen und MITEINANDER zu reden.

Quellen und weiterführende Infos

Alle(s) Gender. Wie kommt das Geschlecht in den Kopf?, 2023, Querverlag, https://www.gespraechswert.de/alle-gender-buch-sigi-lieb/

Geschlechtsdefinition in der Biologie

Die von DenkTräume beanstandeten X-Postings von Sigi Lieb:

Debattenkultur Cancel Culture | Debattenkultur Debatte, Demokratie und Medien, Diversity und Kommunikation, Geschlecht und Gender
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