Da ich viel zu den Themen Geschlecht und Gender arbeite, ergibt es sich, dass ich häufig fremdsprachige Texte zum Thema lese. Wenn ich zu faul bin, Englisch zu lesen, nutze ich Übersetzungsprogramme wie Deepl oder Google Translate. Dabei fallen mir Fehler und Bias-Strukturen auf, die KI typischerweise bei Übersetzungen einbaut. Für diesen Blogbeitrag habe ich den gleichen Text von Deepl und Chat-GPT übersetzen lassen und vergleiche die Ergebnisse.
Vorneweg: Die Effekte, die ich im Folgenden beschreibe, passieren in einem Text auch dann, wenn er nicht aus dem Englischen, sondern aus einer anderen Sprache (Spanisch, Französisch, Finnisch, Türkisch) übersetzt wird. Denn Englisch dient bei Übersetzungen als Brückensprache. Ein Text wird also aus der Ursprungssprache ins Englische und von dort in die Zielsprache übersetzt. Geschlechtsmarkierungen, die es im Englischen gibt, bleiben. Solche, die es im Englischen nicht gibt, werden oft stereotyp zugewiesen.
Der Originaltext, den ich für mein Experiment benutzt habe, beschäftigt sich damit, wie ein radikaler Transaktivismus dazu führte, dass in der Bevölkerung die Akzeptanz für LGBTIQA gesunken ist. Der Text fokussiert auf die USA und nutzt Umfragedaten von dort. Die im Artikel beschriebene Entwicklung ist in ähnlicher Form aber in vielen Ländern zu beobachten.
Der Text ist ein ausführlicher und differnzierter Beitrag, geschrieben aus einer liberalen demokratischen und wissenschaftsorientierten Perspektive. Der Titel: „How to fix what ails trans activism“ von Jamie Paul. Er erschien am 24. Oktober 2025 in einem Online-Magazin namens „Queer Majority“ (Leseempfehlung).
In diesem Blogartikel geht es aber um KI und typische Fehler beim Übersetzen mittels Software.
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Überschriften brauchen eine Transkreation
Für den Titel: „How to fix what ails trans activism„ schlägt Deepl vor: „Wie man die Probleme des Transaktivismus beheben kann“. Chat-GPT meint: „Wie man den Trans-Aktivismus repariert“. Google Translate ist bei Deepl und übersetzt ebenfalls: „Wie man die Probleme des Transaktivismus beheben kann“.
Die Übersetzung von Deepl und Google Translate ist korrekt, aber langweilig. Die von Chat-GPT wirkt wie eine redaktionelle Headline, hat aber inhaltliche Stolperfallen. Deshalb passen meiner Meinung nach beide Übersetzungen nicht. Überschriften müssen sowohl inhaltlich stimmig sein, wie auch auffallen und Interesse wecken. Das erfordert in der Regel menschliche Kreativität und die Kunst der Transkreation.
Deepl übersetzt, Chat-GPT interpretiert
Beim Vergleich beider Übersetzungen fällt auf den ersten Blick auf: Deepl übersetzt den Artikel. Chat-GPT interpretiert ihn. Die „Übersetzung“ von Chat-GPT ist viel kürzer als die von Deepl. Wofür Deepl bei gleicher Formatierung 10 Seiten braucht, verwendet Chat-GPT nur 5,5 Seiten, also wenig mehr als halb so viel.
Wenn ich beide Texte nebeneinanderlege, fällt auf, dass Chat-GPT ganze Absätze, Inhalte und Zahlen weggelassen hat.
Wo Deepl sich bemüht, am Original zu bleiben und – bei allen Fehlern die auch Deepl macht, dazu später -, kümmert sich Chat-GPT nicht um Urheber-Intention oder um vollständige Information. Die KI nimmt eigenmächtig Veränderungen vor, fasst zusammen, macht Absätze, Fettungen oder Überschriften, wo im Original keine sind. All das sind unzulässige Eingriffe in einen Text.
Und nein, das lag nicht am Prompt. Der Prompt forderte klar eine korrekte Übersetzung des Textes. Chat-GPT folgte aber nicht der Anweisung, sondern veränderte meinen geäußerten Wunsch. Diese Selbstermächtigung von Chat-GPT, einer Maschine, hat mich schon oft genervt. Denn sie macht immer wieder Extraarbeit, statt Arbeit abzunehmen. Deshalb nutze ich inzwischen bevorzugt Claude oder Grok. Da passiert es auch, aber seltener.
Aber was taugt eine Übersetzung, die keine ist? Eine Abwandlung, die ungefragt kürzt und ändert, ist weder hilfreich noch zitierfähig. Und weil die KI auch Absätze und Überschriften verändert hat, ist es mühsam, im Original die Stellen zu suchen, auf die sich die Übersetzung bezieht.
Und noch ein Unterschied: Bei Deepl werden die Quellen zur Grafik übersetzt. so erkenne ich, wohin die Grafiken aus dem Original gehören. Das fehlt bei Chat-GPT.
Wer übersetzt treffender, Deepl oder Chat-GPT?
Schauen wir uns an, wie treffsicher Deepl und Chat-GPT übersetzen. Direkt im ersten Absatz findet sich folgender Satz:
Original:
But trans activism was only a losing issue because it was pursued by extremist bullies within the framework of a radical and authoritarian far-left ideology.
Jamie Paul in Queer Majority, Oktober 2025
Chat-GPT: „Aber Trans-Aktivismus war nur deshalb ein verlustreiches Thema, weil er von extremistischen Aggressoren innerhalb des Rahmens einer radikalen und autoritären linksextremen Ideologie betrieben wurde.“
Deepl: „Aber Transaktivismus war nur deshalb ein verlorenes Thema, weil er von extremistischen Tyrannen im Rahmen einer radikalen und autoritären linksradikalen Ideologie verfolgt wurde.“
Ich finde die Version von Chat-GPT unverständlich und sprachlich holprig. Die Deepl-Übersetzung ist treffender, sollte allerdings sprachlich geglättet werden.
Zum Beispiel:
„Aber Transaktivismus wurde nur deshalb zum verlorenen Thema, weil er von extremistischen Tyrannen im Rahmen einer autoritären linken Ideologie übernommen und radikalisiert wurde.“
Bei solchen Übersetzungen bleibt natürlich immer die Frage, ob die Übersetzung möglichst am Wortlaut bleiben oder die Bedeutung sprachkulturell übertragen soll. Und für welches Publikum sie geschrieben wird.
Prüfe die digitale Übersetzung von Geschlechtsmarkierungen
Ich lese häufig fremdsprachige Texte aus dem Themenfeld Geschlecht und Gender. Und so fielen mir typische Übersetzungsfehler schon früh auf. Ich schrieb oben, dass Englisch als Brückensprache verwendet wird. Das heißt, es bleiben nur die Geschlechtsmarkierungen im Original erhalten, die das Englische kennt. Das sind im Wesentlichen die Markierungen bei den Pronomen.
In einer Tabelle habe ich die drei Sprachtypen „genderless„, „natural gender“ und „highly gendered“ nebeneinander gestellt. Alle Sprachen haben Wörter für Frau und Mann, Vater und Mutter, Schwester und Bruder. Bei diesen Beispielen ist das Geschlecht in der Lexik, im Deutschen etwa auch bei der alten Variante Base und Vetter. In der neueren Variante Cousine und Cousin wird die Geschlechtsmarkierung über die Grammatik erzeugt. Die meisten Sprachen gehören zur Gruppe der stark gegenderten Sprachen, darunter die slawischen Sprachen, Arabisch und Farsi.

Beim Übersetzen aus einer „highly gendered language“ in eine andere „highly gendered language“ bleiben die Pronomen erhalten. Denn die erkennt die KI, weil es sie auch im Englischen gibt. Werden Nomen übersetzt, verschwindet die Geschlechtsmarkierung im Englischen. Stattdessen wird stereotyp zugewiesen. Aus der Automechanikerin wird ein Automechaniker, aus dem Kosmetiker eine Kosmetikerin – bei Deeple, Google Translate und Chat-GPT gleichermaßen. Du kannst das einfach selbst testen, indem du in die eine Richtung und dann wieder zurück übersetzen lässt.
Bei meinem heutigen Test habe ich allerdings eine Überraschung erlebt. Denn offenbar können Deeple und Google Translate neuerdings erkennen, wenn in der Nachbarschaft des Satzes entsprechende Pronomen vorkommen.
„Die Automechanikerin trägt Arbeitskleidung. Sie war die beste ihres Jahrgangs“ wird – und das ist neu – jetzt korrekt aus dem Englischen zurückübersetzt, bei Google Translate und bei Deeple. Getestet habe ich außerdem mit dem Begriff „Kosmetiker“. Auch hier klappt es, wenn ein Pronomen dabeisteht. Wie es scheint, haben beide Systeme gelernt, Kontextehinweise wie weibliche oder männliche Pronomen zu berücksichtigen und zu interpretieren. Das sind doch gute Nachrichten.
Bezeichnend ist die Reaktion von Chat-GPT.
Der Prompt. „Bitte übersetze: ‚The cosmetican wears work clothes. He is a friendly person‚.“
Chat-GPT: „‚Die Kosmetikerin trägt Arbeitskleidung. Er ist eine freundliche Person.‘
Hier fällt auf, dass im Englischen „cosmetican“ männlich oder weiblich sein könnte. Im Deutschen habe ich „Kosmetikerin“ gewählt, weil die Berufsbezeichnung meist weiblich verwendet wird. Soll ich es neutraler gestalten, z. B. ‚Die/der Kosmetiker/-in trägt Arbeitskleidung‘?“
Schöner lässt sich nicht zeigen, wie es um das Textverständnis der KI steht. Chat-GPT „weiß“, dass deutsche Berufsbezeichnungen eine Geschlechtsmarkierung haben. Trotzdem weist sie falsch zu, weil sie auf statistische Häufigkeit setzt, statt auf Sprachkontext. Schließlich steht im Folgesatz, dass es sich um einen Mann handelt.
Interessanterweise übersetzt Chat-GPT „The auto mechanic wears work clothes. She ist really good“ korrekt mit Automechanikerin.
Egal mit welcher KI: Sobald Berufs- und Rollenbezeichnungen vorkommen, solltest du bei Übersetzungen lieber nochmal im Original lesen. Gibt es in direkter Nachbarschaft kein eindeutiges Pronomen, bleibt die Gechlechtszuweisung weiter vom statistischen Stereotyp abhängig. Denn das ist, was KI tut, statistisch auswerten.
Übersetzung der Pronomen „they/them“
An einer Stelle im Original heißt es:
„Today, the word “gay” has come back into common online parlance as a synonym for “dumb,” and presidential candidates can ride “Kamala is for they/them” ads to a 2.7 percentage point gain and electoral victory.“
Jamie Paul in Queer Majority, Oktober 2025
Deepl übersetzt:
„Heute ist das Wort „schwul“ als Synonym für „dumm“ wieder in den allgemeinen Online-Sprachgebrauch zurückgekehrt, und Präsidentschaftskandidaten können mit Anzeigen wie „Kamala ist für sie/sie“ einen Vorsprung von 2,7 Prozentpunkten und den Wahlsieg erzielen.“
Chat-GPT übersetzt:
„Heute wird das Wort „gay“ online oft als Synonym für „dumm“ verwendet, und Präsidentschaftskandidaten können mit „Kamala is for they/them“-Werbung einen Vorteil von 2,7 Prozentpunkten und den Wahlsieg erzielen.“
Chat-GPT entzieht sich dem Problem, indem es den Wahlslogan erst gar nicht übersetzt. Deepl übersetzt wörtlich, wodurch der Sinn verloren geht. Auch hier bräuchte es eine Transkreation, um die Kritik, die in dem Wahlkampf-Slogan steckt, zu übertragen.
Im Deutschen haben wir kein allgemeines Pronomen für geschlechtsneutrale Bedeutungen, obwohl ich mir das wünschen würde. Über Pronomen im Kontext geschlechtergerechter Sprache schrieb ich bereits und auch wo die Herausforderungen liegen.
Eine Transkreation des Wahlkampf-Slogans der Trump-Kampagne könnte etwa so lauten: „Kamala ist für dey/denen“. Oder es muss im Englischen stehenbleiben. Das kann aber – abhängig von der Zielgruppe – zu einer Sprachbarriere werden.
Probleme beim Übersetzen von Personenbezeichnungen
Wenn wir KI-Modelle sinnvoll nutzen wollen, müssen wir verstehen, was KI kann und was nicht. Egal ob Deepl oder Chat-GPT – keines der Modelle kann im menschlichen Sinne denken. Und so kommt KI überall dort an ihre Grenzen, wo die menschliche Fähigkeit zu Ambiguität, kontexuellem Verstehen und Transfer gefragt ist. Bei den Begriffen „Geschlecht“, „Gender“ und „Sex“ kommt das besonders zum Tragen.
Über das Begriffswirrwarr zu Geschlecht und Gender habe ich bereits einen Blogartikel geschrieben:
Wir schauen uns an, wie Deepl und Chat-GPT in dem erwähnten Artikel damit umgehen. Zum Beispiel in dem erwähnten Text unter der Zwischenüberschrift „Sex, Gender, and Science“ – korrekt übersetzt wäre: „Geschlecht, Gender und Wissenschaft“.
An dieser Übersetzung scheitern sowohl Deepl „Sex, Geschlecht und Wissenschaft“ wie auch Chat-GPT „Sex, Gender und Wissenschaft“.
Im weiteren Verlauf geht es im Original darum, wie biologisches Geschlecht „sex“ von kulturellen geschlechtsbezogenen Vorstellungen „gender“ zu unterscheiden ist. Und was soll ich sagen. It is a mess.
Hier die Übersetzung von Deepl:
„Lassen Sie uns zunächst eine wichtige Quelle der Verwirrung klären, indem wir Sex und Geschlecht definieren und unterscheiden. Vor ein oder zwei Jahrzehnten war die Unterscheidung zwischen Sex und Geschlecht ein Schwerpunkt für frühe Transaktivisten. In den letzten zehn Jahren ist diese Behauptung jedoch umstritten geworden. Sex bezieht sich auf Biologie und Fortpflanzung. Männer produzieren kleine Gameten (Geschlechtszellen), die als Spermien bekannt sind. Frauen produzieren größere Gameten, die als Eizellen bekannt sind. Jeder Mensch wird entweder als Mann oder als Frau geboren, und obwohl ein sehr kleiner Prozentsatz der Menschen aufgrund von Intersexualität mehrdeutige Geschlechtsmerkmale aufweisen kann, produzieren sie keine dritte, eigenständige Art von Keimzellen. Körper können physische Merkmale aufweisen, die über das gesamte Spektrum verteilt sind, aber das macht das Geschlecht nicht zu einem Spektrum. Das Geschlecht ist in Wirklichkeit binär. Auch wenn es vielleicht einmal eine Zeit geben wird, in der die Medizin es Menschen ermöglicht, ihr Geschlecht wirklich zu ändern, sind solche Veränderungen derzeit nicht möglich.
Geschlecht hingegen bezieht sich nicht auf die Biologie, sondern auf kulturelle Praktiken und Identität. Geschlecht steht für kulturelle Erwartungen an die beiden Geschlechter sowie dafür, wie sich ein Individuum mit seinem Geschlecht identifiziert (oder auch nicht). Während das biologische Geschlecht binär ist, ist das soziale Geschlecht ein Spektrum, da es sich um ein soziales Konstrukt handelt, das unsere Vorstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit umfasst. Aber wie wir über die Geschlechter denken, ändert nichts an der Natur unserer Biologie selbst. Grundsätzlich gibt es keine Begrenzung für die Anzahl der Geschlechter, da Gender ein grundlegend subjektives Konzept ist, über das jeder Einzelne selbst entscheiden kann. Transgender zu sein bedeutet, sich mit einem anderen Geschlecht zu identifizieren als dem, das kulturell mit dem eigenen biologischen Geschlecht assoziiert wird, und in der Regel – wenn auch nicht zwangsläufig – Maßnahmen zu ergreifen, um diese Identität zum Ausdruck zu bringen, sei es auf sozialer, medizinischer oder chirurgischer Ebene.“
Statt zwischen „Gender“ (Kultur) und „Geschlecht“ (Biologie) zu unterscheiden, wird das Wort „Sex“ in der englischen Bedeutung verwendet, was verwirrend ist. Der Begriff „Gender“ ist im Deutschen gebräuchlich. Den Begriff „Sex“ gibt es zwar auch, aber in der Bedeutung der Handlung, nicht als Bezeichnung für das biologische Geschlecht. Eigenartigerweise entdeckt Deepl später im Text doch das Wort „Gender“ und verwendet es, was die beiden Absätze noch vewirrender macht.
Chat-GPT übersetzt mit „Gender“ und „Sex“, was, wie erwähnt, eine schräge Übersetzung ist. Auch sonst finden sich merkwürdige „Übersetzungen“, etwa dass Gender sich chirurgisch ausdrücken könne.
Ich hoffe, du kannst Englisch, hier sind die beiden Absätze im Original:
First, let’s clarify a major source of confusion by defining and differentiating sex and gender. A decade or two ago, distinguishing sex from gender was a point of emphasis for early trans activists. In the past decade, however, that same claim has become controversial. Sex refers to biology and reproduction. Males produce small gametes (sex cells) known as sperm. Females produce larger gametes known as eggs. Everyone is born either male or female, and while a very small percentage of people may have ambiguous sexual characteristics due to intersex conditions, they do not produce a third and distinct type of gamete. Bodies can manifest physical attributes that are all over the map, but that does not make sex a spectrum. Sex is, in fact, a binary. While the distant day may come when medical science enables people to truly change their sex, such transformations are not presently possible.
Gender, by contrast, refers not to biology, but to cultural practices and identity. Gender represents cultural expectations for the two sexes as well as how an individual feels or identifies (or not) with their sex. While sex is a binary, gender is a spectrum because it’s a social construct that includes how we think about male-ness and female-ness. But how we think about the sexes doesn’t change the nature of our biology itself. There’s no limit to how many genders there can be in principle, because gender is a fundamentally subjective concept for every individual to decide on their own. To be transgender is to be someone who identifies with a gender different from the one culturally associated with their sex, and who usually, though not necessarily, takes steps — either socially, medically, or surgically — to express their identity.
Jamie Paul in Queer Majority, Oktober 2025
Zu den erwähnten Schwierigkeiten, die unterschiedliche Übersetzungsmodelle haben, kommt, dass auch im Englischen oft nicht angemessen zwischen „sex“ und „gender“ differenziert wird. Im erwähnten Blogartikel erkläre ich, wie es dazu kam, dass der Begriff „gender“ und im Deutschen dann „Gender“ an viele Stellen übernommen wurde und wie sich die Bedeutung im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert hat.
Wie kann ich KI sinnvoll für Übersetzungen nutzen?
Die hier beschriebenen Phänome gibt es nicht nur bei Begriffen mit Bezug zu Geschlecht und Gender. Auch bei Anglizismen rutschen KI-Modelle aus und liegen krass daneben. Ich erinnere mich an völlig verwirrende Wörter in Übersetzungen. Dann habe ich ins Original geschaut und es waren englische Begriffe für die es im Deutschen Anglizismen oder Wortkombinationen mit Anglizismen gab, etwa im Kontext des Wortes „Trigger“. In einem anderen Beispiel ging es um Geflüchtete. Leider erinnere ich das Wort nicht mehr.
Wenn du dir also Texte übersetzen lässt, verlasse dich nicht darauf. Gehe immer mal wieder zurück zum Original und vergleiche. Bleibe misstrauisch. Ki rechnet. Sie denkt nicht.
Der Umgang mit KI-Übersetzungen lehrt uns zweierlei:
- Wir müssen als Menschen kontrollieren und nachbessern, was die KI sich zusammengerechnet hat.
- Wir müssen bei Übersetzungen bedenken, dass durch Übertragungen – egal ob von Mensch oder Maschine – auch Veränderungen in den Text kommen können.
Umgang mit übersetzten Personenbezeichnungen
Am häufigsten stellt sich die Frage, wenn im Englischen Original keine Geschlechtsmarkierung vorkommt, die deutsche Übersetzung aber eine fordert. Was machen wir mit „doctor„, „politician“ oder „nurse„? Im Englischen sind sie grammatikalisch geschlechtsneutral (Stereotype gibt es dort natürlich trotzdem). Bei „nurse“ können wir neutral mit Pflegekraft übersetzen, für Politiker*innen oder Ärztinnen und Ärzte fehlen solche Wörter. Dort gibt es nur Beidnennung oder Stern.
In einem Seminar für eine Übersetzungsagentur hatten wir das Beispiel eines Claims. Im Englischen lautete er „Channel your inner hero with the (Markenname) Eyeliner!“ Die Marke richtete sich an junge Menschen aller Geschlechter oder Gender. Held und Heldin gibt es nur mit Geschlechtsmarkierung oder Genderstern. Beides für einen Claim nicht optimal. In solchen Fällen hilft das Konzept der Transkreation, um zu stimmigen und gut lesbaren Übersetzungen zu kommen.
„Entdecke, was in dir steckt!“
Quellen
- Jamie Paul: How to fix what ails trans activism, Queer Majority, 24. Oktober 2025, https://www.queermajority.com/essays-all/how-to-fix-what-ails-trans-activism
Übersetzungssoftware
- Deepl: https://www.deepl.com/de/translator
- Google Translate: https://translate.google.com/?hl=de&sl=auto&tl=de&op=translate
- Chat-GPT: https://chatgpt.com/
