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Wer ist eine Frau? Zum Urteil des Supreme Court in London

Am 16. April 2025 entschied der Supreme Court in London zur Definition der Begriffe Geschlecht und Frau im Equality Act von 2010, dass sie das biologische Geschlecht meinen. Am folgenden Osterwochende protestierten nicht nur viele dagegen. Auf Londons Straßen und im Netz zeigte sich ein unglaublicher Frauenhass: Vandalismus unter anderem gegen die Statue der Sufragette und Frauenrechtlerin Millicent Fawcett, die das Wahlrecht für Frauen in Großbritannien mit durchsetzte. Auf Plaketen wurden Galgen und Scheiterhaufen für Frauen gefordert, die sich einer bestimmten Weltsicht nicht unterwerfen. Es gab Aufrufe zum kollektiven Piss-In und Vergleiche von Penis-Längen, alles in allem eine Gruselshow toxischer Männlichkeit. Ich bin immernoch entsetzt. Dieser Blogbeitrag sortiert und beantwortet wichtige Fragen, in der Hoffnung, etwas Sachlichkeit in die Debatte zu tragen.

Worüber hat der Supreme Court in London entschieden?

Der Equality Act von 2010 ist das britische Gleichstellungsgesetz. Es regelt unterschiedliche Diskriminerungverbote und Gleichstellungsgebote, darunter „sex based rights“ und den Schutz vor Diskriminierung von Transpersonen. „Gender reassignment„, „sex“ und „sexual orientation“ sind dabei eigenständige rechtliche Schutzkategorien.

Hier ein Screenshot vom Inhaltsverzeichnis des Equality Act:

Chapter 1 Protected characteristics 4.The protected characteristics 5.Age 6.Disability 7.Gender reassignment 8.Marriage and civil partnership 9.Race 10.Religion or belief 11.Sex 12.Sexual orientation

Vor Gericht klagte die Frauenorganisation „For Women Scotland“ gegen die Regierung von Schottland. In Schottland hatte die Regierung die Bevorzugung der Genderidentiät vor dem biologischen Geschlecht als Kategorie immer weiter vorangetrieben. Die von Nicola Sturgeon Ende 2023 gegen viel Kritik durch schottische Parlement gedrückte Self-ID wurde 2024 von London gestoppt, weil sie gegen nationale Gleichstellungsrechte verstoße. Frauen- und LGB-Organisationen kämpfen seit langem um die Anerkennung des biologischen Geschlechts als relevant.

Der Streit geht also um die Definition der Wörter „sex“ und „woman“ im britischen Gleichstellungsgesetz. In seiner Entscheidung sorgte das oberste britische Gericht nun für definitorische Klarheit. Die Richter*innen urteilten einstimmig: Das Gesetz meint im Kontext von „sex“ und „woman“ das biologische Geschlecht. Natürlich dürfen Transpersonen auch weiterhin nicht diskriminiert werden, geschützt über die Kategorie „gender reassignment“ (Geschlechtsangleichung).

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Jochen Bittner, GB-Korrespondent der Zeit, ordnet das Urteil ein:

„Das Urteil ist vielmehr eine systematische Auslegung der Begriffe Frau, Mann, Geschlecht, wie sie im Equality Act von 2010 verwendet werden. Dabei stellen die Richter etwas ziemlich Offenkundiges fest: Gemeint sein von dem Gleichberechtigungs-Gesetz kann nur das biologische Geschlecht. Denn: Das Gesetz schützt nicht nur Frauen und Männer gegen Diskriminierung, sondern, als weitere Kategorie, auch transsexuelle Personen. Außerdem geht es u.a. um Fragen von Schwangerschaftsschutz, die nur biologische Frauen betreffen können. Wirft man biologische Frauen mit Transfrauen (= biologische Männer) in einen Topf, nimmt man Frauen in bestimmten Situationen die eigene Rechtsqualität.“

Jochen Bittner, Korrespondent der ZEIT in London auf X

Das Urteil bedeutet also in der Praxis: Wenn Räume als Single-Sex-Spaces definiert sind, etwa Toiletten, Umkleiden, Krankenhauszimmer, Obdachlosenunterkünfte, sind sie auch nur für das ausgewiesene biologische Geschlecht. Gleiches gilt für Sportwettbewerbe, Quotenregeln, Gefängnisse oder Frauenhäuser. Alternativ können All-Gender-Angebote gemacht werden.

Was bedeutet die Entscheidung des Supreme Court für Schwule und Lesben?

In der ganze Debatte um Frauenrechte und Transrechte werden Schwule und Lesben häufig übersehen. Dabei sind sie und ihre Räume unmittelbar betroffen. Sexuelle Orientierung ist im Equality Act ebenfalls eine geschützte Kategorie. Und Homosexualität bedeutet nunmal gleichgeschlechtlich liebend, nicht gleich-gender-liebend. Wenn der Begriff „sex“ nicht mehr auf den biologischen Körper referiert, sondern auf eine Genderidentität, wird der Begriff der Homosexualität ad absurdum geführt.

Auf Seite 63 führt das Urteil des Supreme Courts aus:

Dementsprechend muss eine Person mit gleichgeschlechtlicher Orientierung als Lesbe eine Frau sein, die sich sexuell zu Frauen orientiert (oder sich zu ihnen hingezogen fühlt), und Lesben als Gruppe sind Frauen, die das Merkmal der sexuellen Orientierung zu Frauen teilen. Dies ist auf der Grundlage eines biologischen Verständnisses von Geschlecht kohärent und verständlich. Würde hingegen eine GRC gemäß Abschnitt 9(1) des GRA 2004 die Bedeutung des Geschlechts im Rahmen des EA 2010 ändern, würde dies bedeuten, dass eine Transfrau (biologisch männlich) mit einer GRC (also rechtlich weiblich), die sich weiterhin sexuell zu anderen Frauen hingezogen fühlt, zu einer gleichgeschlechtlich orientierten Frau wird, mit anderen Worten zu einer Lesbe. Der Begriff der sexuellen Ausrichtung auf Angehörige eines bestimmten Geschlechts in Abschnitt 12 würde damit bedeutungslos.

Urteil Supreme Court, Seite 63 Deepl-Übersetzung

Der britische schwule Aktivist und Jurist Dennis Noel Kavanagh kommentiert das Urteil als Rettung homosexueller Rechte und verweist auf die Situation in Australien, wo sich Lesben nicht mehr öffentlich treffen dürfen, wenn sie nicht auch Transfrauen mit männlicher Vollausstattung akzeptieren. Kavangh kritisiert die schottische Regierung scharf:

Ich halte an dieser Stelle inne, um etwas über die Dreistigkeit und Grausamkeit der schottischen Regierung zu sagen. Sie hat versucht, ein geschütztes Merkmal gegen den Willen der Menschen mit diesem geschützten Merkmal grundlegend umzugestalten. Ich kann mir keine andere Minderheit vorstellen, bei der dies als akzeptabel angesehen würde, und ich kann mir keinen besseren Ausdruck der modernen viszeralen Homophobie vorstellen, als dass man ihnen dies erlaubt und sie in ihren Bemühungen sogar noch bejubelt hätte. Homosexualität legal zu vernichten ist eine Sache. Dies zu tun, indem man sich als aufgeklärt ausgibt und sich mit unserem modernen, korrupten Regenbogen schmückt, scheint mir eine Mischung aus Wahnsinn und Imperialismus zu sein.

Dennis Noel Kavanagh, Deepl-Übersetzung, Blog IQN

Der gleiche Streit findet auch in Deutschland statt. Vieles davon unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, aber dadurch umso bedrohlicher für die Betroffenen, wenn sie ihre Räume nicht mehr als Safe Spaces erleben. Sobald sie sich aber für ihre Schutzrechte und Räume einsetzen, werden sie als böse „TERFs“ oder Nazis diffamiert und ausgegrenzt, anstatt dass ihnen zugehört und ihre Bedürfnisse ernstgenommen werden.

Die österreichische Lesbe und ehemalige Grüne Abgeordnete Faika El-Nagashi, die sich seit vielen Jahren für Frauen, Lesben und Menschen mit migrantischen Hintergründen engagiert, wurde 2022 von der internationalen Lesbian Conference ausgeschlossen und wird massiv angefeindet, weil sie zwischen biologischem Geschlecht und Genderidentität unterscheidet. Beim Lesbenmarsch in Berlin 2024 (Dyke March) wurden Lesben, die die gleichgeschlechtliche Liebe feiern, von Trans-Aktivist*innen angegriffen.

In den LGB- und Frauenorganisationen, die sich für ein Recht auf Single-Sex-Räume und gegen die Unterordnung des biologischen Geschlechts unter die Genderidentiät engagieren, sind viele Lesben und Schwule. Aber natürlich machen sich auch Transpersonen Sorgen, wie es um ihre Rechte steht.

Was bedeutet diese Entscheidung des Supreme Court für die Rechte von Transpersonen?

In der Trans-Community ist die Aufregung groß. Auf welche Toilette, in welche Umkleide soll eine Transfrau, die medizinisch transitioniert ist und von der Gesellschaft als Frau wahrgenommen wird? Bislang ging sie in der Regel unbehelligt auf die Frauentoilette. Wird sie jetzt gezwungen, das Männerklo zu benutzen?

Verständlich, dass diese Menschen Angst haben und sich Sorgen machen. Erschwerend kommt hinzu, dass die öffentliche Debatte stark dominiert wird von aktivistischen Gruppen, die das Klima aufheizen und Transpersonen Angst machen, ihnen würde alles genommen.

Und das stimmt schlicht nicht. Ein Blick auf Paragraf 27 im Equality Act (Screenshot) zeigt zweierlei:

27(1)A person does not contravene section 29, so far as relating to sex discrimination, by providing a service only to persons of one sex if— (a)any of the conditions in sub-paragraphs (2) to (7) is satisfied, and (b)the limited provision is a proportionate means of achieving a legitimate aim. (2)The condition is that only persons of that sex have need of the service. (3)The condition is that— (a)the service is also provided jointly for persons of both sexes, and (b)the service would be insufficiently effective were it only to be provided jointly. (4)The condition is that— (a)a joint service for persons of both sexes would be less effective, and (b)the extent to which the service is required by persons of each sex makes it not reasonably practicable to provide separate services. (5)The condition is that the service is provided at a place which is, or is part of— (a)a hospital, or (b)another establishment for persons requiring special care, supervision or attention. (6)The condition is that— (a)the service is provided for, or is likely to be used by, two or more persons at the same time, and (b)the circumstances are such that a person of one sex might reasonably object to the presence of a person of the opposite sex. (7)The condition is that— (a)there is likely to be physical contact between a person (A) to whom the service is provided and another person (B), and (b)B might reasonably object if A were not of the same sex as B. (8)This paragraph applies to a person exercising a public function in relation to the provision of a service as it applies to the person providing the service.
  1. In diesem Gesetzestext wird deutlich, dass mit „sex“ nur das biologische Geschlecht gemeint sein kann, was das oberste Gericht in seinem Urteil klargestellt hat. Andernfalls würde das Gesetz ad absurdum geführt.
  2. Pragmatismus und Vernunft sind bereits im Gesetz angelegt. Denn dort heißt es, dass es vernünftige und verhältnismäßige Gründe braucht.

Dieser Pragmatismus spricht auch aus dem Urteil:

Während viele Frauen in einer reinen Frauenumkleidekabine oder auf einer reinen Frauenstation in einem Krankenhaus oder in einer Vergewaltigungsberatungsgruppe berechtigterweise gegen die Anwesenheit von biologischen Männern Einspruch erheben könnten, ist es schwierig zu erkennen, wie die Berechtigung eines solchen Einspruchs mit dem Besitz oder dem Fehlen eines Zertifikats begründet werden könnte.

Urteil Supreme Court, Seite 67, Deepl-Übersetzung

Und weiter im Text schreiben sie in Bezug auf Umkleiden, dass eine operierte Transfrau, die als Frau wahrgenommen wird, in einer Männerumkleide vermutlich mehr Unruhe auslöst als in einer Frauenumkleide. Und sie geben der Politik und der Gesellschaft einen wunderbar pragmatischen Denkanstoß:

Solche Transfrauen können sich in der Praxis dafür entscheiden, Einrichtungen, die nur für Frauen zugänglich sind, in einer Weise zu nutzen, die die Privatsphäre und die Würde der anderen Nutzerinnen nicht beeinträchtigt.

Urteil Supreme Court, Seite 67, Deepl-Übersetzung

Was das Urteil jetzt politisch bedeutet und wie es sich in den gesellschaftlichen Räumen auswirkt, entscheidet nicht der Supreme Court, sondern das britische Parlament. Vieles lässt sich auch nicht gesetzlich festlegen, sondern ist schlicht ein gesellschaftliches Aushandeln vernünftiger Lösungen. Der Pragmatismus im Gesetz ist da. Wenn auch die Politik und die Gesellschaft mit pragmatischer Vernunft an Lösungen geht, finden sie sich auch.

Warum war die Entscheidung des Supreme Court nötig?

Wenn du bis hierher gelesen hast und bisher wenig Berührung mit dem Thema hattest, wunderst du dich vielleicht, wieso es diesen Streit überhaupt gibt. Natürlich haben alle Menschen Menschenrechte und ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung, egal ob Transfrau, Transmann, Interperson, Frau, Mann, schwul, lesbisch oder hetero. Menschenrechte sind universell und unteilbar.

Nun wurden in den letzten 15 bis 20 Jahren aber die Begriffe „Sex“ und „Gender“ immer häufiger vermengt, teils aus Achtlosigkeit, teils aber auch politisch gewollt, vor allen Dingen von den Anhänger*innen der Queer“theorie“ nach Judith Butler. Danach ist das biologische Geschlecht irrelevant und nur die Genderidentität zählt.

Bittner fragt:

Hat es durch lautstarke Minderheiten soviel Druck gegeben auf die Meinungsbildung und auch auf die Idee von Geschlechtlichkeit, von Frausein und von Transgendersein, dass im Grunde der demokratische Wille konterkariert wurde.

Jochen Bittner in seiner Video-Einordnung, ab Minute 3:26

Bittner bejaht, spricht über die gewaltvollen Transparente bei den Protesten und führt weiter aus:

Vier Fotos mit Protestierenden und Transparenten mit den Aufschriften: "Bring back witch burning", "I love pissin on TERFs", "You're just jealous that my dick's bigger than your boyfriends and my tits are bigger than your's" und "The only good TERF is a - Bild von Galgen mit aufgehängtem Strichmännchen" TERF"

Es gab einen diffamierenden Druck, gerade von Trans-Lobbygruppen. Jeder, jede, die gesagt hat, Transfrauen sind keine Frauen, und zwar nicht in diskriminierender Absicht, sondern in klarstellender Absicht, wurde ja schnell diffamiert als TERF, als transphob oder sogar als Nazi.

Jochen Bittner in seiner Video-Einordnung, ab Minute 3:47

Dieser Druck führte zu teils dystopischen Ereignissen: Frauen wurden aus ihren Jobs gejagt. Die Universität Sussex wurde erst kürzlich zu einer saftigen Strafe veruteilt, weil sie eine lesbische Professorin nicht ausreichend geschützt hat. Überlebenden von Vergewaltigungen wurde eine geschlechtsspezifische Beratung und Betreuung verweigert. Bereits Kinder wurden angewiesen, andere gegen ihre kindliche Wahrnehmung in ihrer Genderidentität anzusprechen. Sexualstraftäter wurden nicht nur in Frauengefängnissen inhaftiert, sondern gingen auch als „weibliche Kriminialität“ in die Statistik ein. Und auf einmal stieg statistisch der Anteil vergewaltigender „Frauen“.

Kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, die letztes Jahr im Februar von der damals konservativen Regierung in Auftrag gegeben worden war. Die Soziologie-Professorin am University College London, Alice Sullivan, erklärt darin, dass die Vermischung der Daten von biologischem Geschlecht und Gender schwerwiegende Konsequenzen hat, etwa bei der Gesundheit und in Sicherheitsfragen.

„Menschen können zwar rechtlich ihr Geschlecht ändern, nicht aber ihr biologisches Geschlecht. Das bedeutet, dass eine Frau, die zum Mann wird, immer noch einen Gebärmutterhalsabstrich benötigt, und dass Transgender-Frauen Prostatauntersuchungen benötigen.“

Aoife Walsh und Euan O’Byrne Mulligan, BBC News

Sullivan beklagt, dass durch die Vermischung und unklare Erfassung viele Daten über das Geschlecht verloren gegangen seien. Manchmal wurde das Geschlecht erfasst, manchmal die Genderidentität. Häufig war auch unklar, wie Daten über Geschlecht oder Gender erfasst wurden.

Die Studie, die sich auf eine Überprüfung von Belegen und Praktiken sowie auf Befragungen von Organisationen wie Regierungsstellen, Regulierungsbehörden und anderen Einrichtungen stützt, kam zu dem Schluss, dass „die Bedeutung des Geschlechts in Verwaltungs- oder größeren Erhebungsdaten nicht mehr stabil ist“.

Peter Walker, The Guardian

Sullivan betont, dass biologisches Geschlecht und Genderidentität zwei unterschiedliche Kategorien sind, die nicht vermischt werden sollten. Sie fordert öffentliche Einrichtungen auf, das biologische Geschlecht standardmäßig zu erheben, weil es wirklich wichtig sei und die Generidentität dort, wo dies angemessen ist.

Daten fehlen auch in Deutschland. Umfragen von „Lasst Frauen sprechen“ und der Zeitung „Die Welt“ ergaben, dass einige Bundesländer überhaupt nicht erfassen, ob in deutschen Frauengefängnissen Transfrauen inhaftiert sind. In anderen wurde belegt, dass es dort durch biologisch männliche Häftlinge mindestens fünf Überfälle auf Frauen gab, vier davon sexuell motiviert.

In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, dass das deutsche Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das im November 2024 in Kraft getreten ist, 2026 evauliert werden soll. Bereits im Vorfeld gab es auch hierzlande diverse Konflikte, Rechtsstreitigkeiten und Irritation in der Datenerfassung, weil im Vorfeld des SBGG eine Rechtsfolgenabschätzung durch die Ampelregierung verweigert worden war.

Wie können wir den Konflikt um Geschlecht und Gender befrieden?

Die Debatte um Geschlecht und Gender ist extrem polarisiert, voller ideologischer Narrative und verbunden mit zahlreichen Shitstorms, Hetzkampagnen, Drohungen, Anzeigen und mehr – von rechtspopulistischer und von queer-aktivistischer Seite. Auch manche Feministinnen eskalieren bisweilen in der Wortwahl.

Und viele stellen sich auf die Seite der vermeintlich Guten und merken überhaupt nicht, dass sie sich von ideologischen Narrativen blenden lassen.

Das Thema ist komplex und es verdient, in aller sachlichen Tiefe und mit Respekt und Wertschätzung vor anderen Sichtweisen diskutiert zu werden.

Würde die Energie, die in die Ablehnung, Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen gesteckt wird und in das Partei-Ergreifen für vermeintlich moralisch richtige Seite, stattdessen in Recherche, Neugier und eine sachliche Auseinandersetzung fließen, wären wir deutlich weiter. Die einzigen, die eine lösungsorientierte demokratische Debatte ärgern würde, wären die Rechtsaußen, egal ob in den USA, Großbritannien oder Deutschland. Denn sie profitieren von dem Streit, indem sie den Common Sense aufnehmen und ihn gegen die radikalen Ausprägungen des Trans-Aktivismus stellen. Trans-Aktivist*innen liefern dafür leider reichlich Material.

Während Trump in den USA alles niedermäht, was seinem Hitzkopf gerade passend erscheint, und es für Transpersonen tatsächlich schwieriger geworden ist, ist die Lage in Großbritannien anders. Aus meiner Sicht hat der Supreme Court die Notbremse gezogen, bevor die Debatte die Gesellschaft noch weiter polarisiert. Sinkende Akzeptanz für Transpersonen ist ja bereits messbar.

Frauenrechte und Homosexuellenrechte sind ebenso schützenswert wie Transrechte. Je schneller sich diese Erkenntnis durchsetzt, umso schneller finden wir pragmatische und vernünftige Lösungen. Damit alle in Frieden ihr Leben leben können.

Verwendete Quellen


Aoife Walsh & Euan O’Byrne Mulligan: Public data should not conflate sex and gender, review says, 20. März 2025, BBC News, https://www.bbc.com/news/articles/cvge4jyz9dyo

Branwen Jeffreys: University of Sussex fined £585k in transgender free speech row, 26. März 2025, BBC, https://www.bbc.com/news/articles/cn9vr4vjzgqo

Chantalle El Helou: Dyke* March Berlin 2024 – Lesbische Sichtbarkeit unerwünscht, 30. Juli 2024, Initiative Queer Nations, https://queernations.de/dyke-march-berlin-2024-lesbische-sichtbarkeit-unerwunscht/

Equality Act von 2010: https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2010/15/contents

Dennis Noel Kavanagh: In praise of the lesbian interveners, 21. April 2025, https://substack.com/home/post/p-161788186

Dennis Noel Kavanagh: Großbritannien: Ein Lob auf die lesbischen Streithelferinnen, Deepl-Übersetzung auf Initiative Queer Nations, 22. April 2025, https://queernations.de/grossbritannien-lesbischen-streithelferinnen/

Jochen Bittner: Was heißt „Frau“?, 22. April 2025 auf X, https://x.com/JochenBittner/status/1914726545534353786

Peter Walker: UK data recording of biological sex causing potential risks, report finds, 20. März 2025, The Guardian, https://www.theguardian.com/uk-news/2025/mar/20/uk-data-recording-biological-sex-gender-identity-report

Supreme Court: JUDGMENT For Women Scotland Ltd (Appellant) v The Scottish Ministers (Respondent), 16. April 2025, https://acrobat.adobe.com/id/urn:aaid:sc:EU:3fcf887a-d5e1-4d3f-85bc-091ee40f1328

Till Randolf Amelung: Selbstbestimmte Geschlechtsidentität im Gefängnis gefährdet Frauen, Ruhrbarone, 13. Januar 2025, https://www.ruhrbarone.de/selbstbestimmte-geschlechtsidentitaet-im-gefaengnis-gefaehrdet-frauen/240874/

Tim Sigsworth. Ben Butcher Data Editor. Matt Davis: Toddler kicked out of nursery for being transphobic, 21. März 2025, The Telegraph, https://www.telegraph.co.uk/news/2025/03/31/toddler-kicked-out-of-nursery-for-being-transphobic

Supreme Court Geschlecht und Gender, Debatte, Demokratie und Medien, Diversity und Kommunikation
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